Technische Systeme mithilfe der Gedanken ansteuern – das klingt für viele noch nach Science Fiction. Allerdings ist das schon Realität. Unser Startup der Woche SNAP GmbH entwickelt Produkte und Dienstleistungen genau in dem Bereich: der Schnittstelle zwischen menschlichem Gehirn zu technischen Systemen. Wie genau das funktioniert und was die SNAP GmbH zur Entwicklung beiträgt, hat uns Sinah Grube von SNAP GmbH im Interview erklärt.
Hallo Sinah! Danke, dass du heute Zeit für uns hast. Stell uns doch SNAP GmbH mal kurz vor.
Wir bei der SNAP GmbH, mit Sitz im BioMedizinZentrum in Bochum, konzentrieren uns als Technologieunternehmen der Zukunft auf die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen in den Bereichen: Brain-Computer-Interface (BCI-Systeme), künstliche Intelligenz (KI-Systeme), Hosting von Daten, technische Assistenzsysteme und auf die Bewegungsanalyse.
Eure Vision liegt im Bereich der Gehirn-Computer-Interfaces. Wie funktioniert das?
Das BCI ist eine Schnittstelle von dem menschlichen Gehirn zu einem technischen System, wie z.B. einem Computer oder einem Handy. Bei der Elektroenzephalografie (EEG) werden auf der Kopfhaut Elektroden angebracht, um die Aktivitäten des Gehirns aufzuzeichnen. Die gewonnen neurologischen Daten können genutzt werden, um durch die reinen Gedanken des Menschen, technische Systeme im Umfeld anzusteuern. Die Einsatzmöglichkeiten sind immens und bieten ein sehr großes Potenzial für die Zukunft (z.B. von der Unterhaltungsindustrie bis hin zum Gesundheitswesen). Derzeit sind wir in dem Bereich ebenfalls in zwei Förderprojekten beteiligt, VAFES und ReXo, die von dem Land NRW und der europäischen Union gefördert werden.
Bei ReXo wird z.B. ein biomechanisch konzipiertes, adaptives Exoskelett für die oberen Extremitäten entwickelt, wobei SNAP eine Steuerung für das Rexoskelett über das Gehirn ermöglicht. Um unser Ziel zu verfolgen, eine sehr gut funktionierende KI-Lösung für ein BCI zu trainieren, haben wir uns von Beginn an seitens der SNAP GmbH dazu entschlossen kinematische Daten für verschiedenste Anwendungsfelder mit auszuwerten. Somit sind wir nicht nur KI-Spezialist im Bereich der neurologischen Daten, sondern auch in der Auswertung von kinematischen Daten. Ein Beispiel für eine von uns entwickelte KI-Lösung ist unser KI-basiertes Bewegungserkennungssystem, das wir AnaKin (analytische Kinetik), nennen. Zur Bewegungsanalyse haben wir hausintern eigene Sensoren entwickelt, die zur Datenaufnahme am Körper befestigt werden.
Das AnaKin erfasst die Bewegungen des Trägers und merkt sich bestimmte Bewegungen. Selbstverständlich ist der Erwerb unserer eigenen tragbaren Sensoren möglich, sodass die Bewegungsdaten kundenindividuell mit dem AnaKin eintrainiert werden können. Die trainierte KI kann erkennen, ob z.B. eine Bewegung korrekt ausgeführt wurde oder nicht. Auf Kundenwunsch bietet die SNAP GmbH als Dienstleister auch die Mustererkennungen und Bewegungsanalyse auf KI-Basis von bereits bestehenden Datensätze an, die mit externen Sensoren aufgenommen wurden. Neben dem Bewegungstracking besteht auch die Möglichkeit, der reinen Gestensteuerung mit unseren Sensoren. Lediglich mit einem Armband, das mit unseren beschriebenen Sensoren ausgestattet ist, wird die Gestensteuerung zur Realität. Hiermit können sowohl Smartphones, Spiele, Tablets, Drohnen durch ein einziges Wischen mit der Hand in der Luft angesteuert werden.
Das ist wirklich ein spannendes Themenfeld. Was lässt euch von euren Konkurrenten abheben?
Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Firmen in Deutschland, die BCI-Systeme entwickeln, sodass wir hier als Unternehmen schon äußerst interessant für externe Partner und Investoren sind. Zudem kommt hinzu, dass wir neurologische Daten mit kinematischen Daten synchron aufnehmen und analysieren. Diese Kombination ist ebenfalls nicht immer üblich.
Unsere Bewegungsanalyse mit unseren selbst entwickelten Sensoren bietet dem Nutzer einen erheblichen Mehrwert, da die Daten mit Hilfe eines Inertialsensors und damit drahtlos übertragen werden. Folglich ist eine mobile Nutzung auch außerhalb eines Labors möglich. Die Sensoren können einfach mit Bändern am Körper beliebig befestigt werden. Über eine App werden die Daten final eingesammelt und analysiert. Zudem ist ein USP bei der Bewegungsanalyse die Anbindung an unsere individuelle KI-Lösung. Im Hinblick auf unsere digitales Assistenzsystem lässt sich sagen, dass wir hier die Besonderheit aufweisen, dass unsere Therapieplattform in der telemedizinischen Betreuung eingesetzt wird. So können z.B. Ärzte und Physiotherapeuten den Bewegungsverlauf und die Trainingsdaten einsehen.
Der Trend hin zu Videosprechstunden wird auch durch die aktuelle Covid-19 Situation mehr und mehr zunehmen. Digitale und KI-basierte Assistenzsysteme werden hier eine optimale Basis stellen. Ein sehr nennenswerter Punkt ist natürlich der, dass sowohl alle neurologischen als auch kinematischen Daten in Bochum gespeichert und DSGVO-konform verarbeitet werden.
Neben unseren Produkten und unseren Dienstleistungen sind zudem die Menschen hinter den Kulissen bei der SNAP einzigartig. Wir sind ein interkulturelles, junges, dynamisches Team, das jeden Tag mit einer großen technischen Leidenschaft daran arbeitet Technologie zu erfinden, die unsere Fähigkeiten, unsere Gemeinschaft und unsere Welt erweitern.
Wie integriert ihr eure Lösungen in ein erfolgreiches Geschäftsmodell?
Im Bereich des Brain-Computer-Interfaces erhalten wir viele interessante und individuelle Anfragen für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Bei spezifischen Anfragen arbeiten wir im Rahmen von Entwicklungsaufträgen zusammen. Zudem werden wir im Bereich BCI (Gehirn-Computer-Schnittstelle) aktuell innerhalb von zwei Förderprojekten, VAFES und REXO, von dem Land NRW und der europäischen Union gefördert.
Unser Geschäftsmodell für die Verarbeitung der kinematischen Daten sieht ähnlich wie bei unserem BCI aus. Der Kunde kann sich innerhalb des ersten Gesprächs zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden:
- Der Kunde erwirbt SNAPs eigens entwickelte Sensoren, die zur Datenaufnahme der Bewegungen benötigt werden. Anschließend wird kundenindividuell im Rahmen einer Dienstleistung eine KI-Lösung für die Bewegungsdaten mit unseren Sensoren eintrainiert.
- Der Kunde benötigt keine Sensoren, da bereits Datensätze von externen Sensoren vorhanden sind, sodass wir nur mittels des AnaKin eine KI für die vorhanden Bewegungsdaten individuell auf Kundenwunsch eintrainieren.
Unser digitales Assistenzsystem, das IRhythmic, vermarkten wir als Trainingsgerät und ist auf dem Markt inklusive einer zugehörigen App über uns zu erwerben.
Da unser Fokus auf der Gesundheitsbranche liegt, bieten wir zudem seitens der SNAP GmbH einen Präventionskurs zur Sturz- und Bewegungsprophylaxe an. Dieser Präventionskurs wird in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen fast vollständig bezahlt.
Ein wichtiger Hinweis an alle Investoren: Wir sind immer auf der Suche nach weiteren Investoren, da wir durch Venture Capital die Entwicklung des BCIs für den Konsumenten Markt enorm beschleunigen können.
Du hast eben erwähnt, dass ihr euch auf die Gesundheitsbranche fokussiert. Sind das die einzigen potentiellen Kunden, die ihr adressiert?
Wir sprechen mit unseren Produkten und Dienstleistungen eine sehr große Zielgruppe an. Unser Fokus liegt in der gesamten Gesundheitsbranche sowie in der Spieleindustrie. Im Gesundheitswesen können wir einen grandiosen Mehrwehrt im Bereich der Prävention als auch Rehabilitation bieten. In der Spielindustrie werden wiederum z.B. Interaktionen mit Computerspielen ermöglicht. Derzeit fassen wir auf dem deutschen Markt Fuß. Für die Zukunft können und wollen wir eine internationale Vermarktung nicht ausschließen.
In welcher Entwicklungsphase befindet ihr euch aktuell? Und wo soll es einmal hingehen?
Sehr gute Frage – denn tatsächlich ist von jeder Entwicklungsphase bei uns etwas dabei. Unsere Vision ist und bleibt es, dass wir ein robustes, intuitiv bedienbares BCI-System entwickeln werden, das Kommandos aus dem Gehirn erkennt und umsetzt – eine Art „Siri“ für die Gedanken im Gehirn. Es erreichen uns aufgrund unserer Alleinstellungsmerkmale schon einige Anfragen für ein derartiges BCI-System. Bislang können wir mit dem BCI nur relativ einfache Kommandos verarbeiten und sind noch an den Rechner gebunden. Wir wollen präziser werden, so dass zum Beispiel ein querschnittsgelähmter Mensch seine Hand – oder seine Beine – mit Hilfe eines Exoskelettes möglichst natürlich bewegen kann. Als nächster Schritt kommt die Überführung der KI (für neurologische Daten) auf tragbare Geräte. Dahingegen haben wir unsere Sensoren zur Bewegungsanalyse mit dem Bewegungserkennungssystem, dem AnaKin, bereits erfolgreich auf dem Markt eingeführt.
Das Gleiche gilt für unsere digitales Assistenzsystem – dem IRhythmic. Hier stehen wir in einem guten Austausch mit Krankenversicherungen sowie das Trainingsgerät sowohl beim Endkunden als auch in Krankenhäusern und bei Physiotherapeuten Anwendung findet. Auch unser zertifizierter Präventionskurs wird bereits Online erfolgreich durchgeführt. Unsere Förderprojekte, ReXo und VAFES, sind Anfang des Jahres gut angelaufen und wir liegen hier mit unseren Kooperationspartnern im zeitlichen Plan und halten somit Kurs.
Sinah, vielen Dank für das spannende Interview. Wir werden eure Entwicklungen auf jeden Fall weiter verfolgen und wünschen euch weiterhin viel Erfolg!
Wer mehr über SNAP GmbH erfahren möchte, kann sich auf ihrem Innoloft Profil informieren.